Kommt doch mit, begleitet mich,
lasst euch verzaubern vom Licht des Mondes ...
An manchen Tagen habe ich das Gefühl, viel zu viel hängt an mir, Nötiges wie
Unnötiges.
Manchmal fühle ich mich wie ein Christbaum zu Weihnachten, so überladen.
Auch wenn ich mich abgrenze, meinen Schutzkreis um mich ziehe, die Schicksale
meiner Klienten bleiben doch öfters in meinen Gedanken hängen.
Oft fühle ich das sogar körperlich, die Schwere, den Kummer fremder Leben.

Um wieder klar und leicht zu werden, gehe ich los, um Kraftplätze zu finden, an
denen ich meinen Ballast ablegen kann. Die Natur kann Schwere in neue Kraft
umwandeln und Altlasten auflösen.
Danach fühle ich mich wie ein Tannenbaum im anbrechenden Frühjahr.
Der Schneelasten des Winters ledig und schwupps, federn die Äste wieder nach oben.
Ich erneuere mich an diesen Plätzen, fühle mich wieder leicht und frei.
Finde deinen eigenen Kraftort.
Den richtigen Wohlfühlplatz kannst du ganz einfach finden. Lass dich von deinem Gefühl leiten, schalte dein Denken aus.
Dein Ort kann eine einsame Bank sein, ein Baum, der dich anzieht, ein kleiner Bach, ein mächtiger Felsen, ein bemooster Baumstamm oder ein besonderer Ausblick.
Geh durch die Natur, mit offenen Sinnen, mit weitem Herzen, dann zeigt er sich dir. Aber suche nicht, du wirst nichts finden. Das macht dich unzufrieden und du schließt dich.
Mach es wie ich, nimm dir viel Zeit, und wenn du einen Platz siehst, den du schön findest, bleib still dort stehen. Schließe deine Augen und fühle nur. Dein Gefühl sagt dir, ob du richtig bist. Wenn ja, dann schau dich um, wohin du dich setzen kannst.

Ich habe immer eine Rettungsdecke dabei, so sitze ich warm und trocken.
Und ich gehe immer einfach nur drauflos, ohne Ziel.
An manchen Tagen gibt es keinen passenden Ort. Dann genieße ich einfach nur das Draußensein, freue mich an dem, was ich entdecke: Blumen, Gräser, Wolkenbilder …
Und zuhause spüre ich, dass ich auch durch meine offenen Sinne losgelassen habe.
In den warmen Sommernächten, wenn der Mond ganz voll ist, mache ich mich gerne
auf zu einem mystischen Spaziergang an eine der Kraftquellen.
Meist sind sie nur zu erkennen als kleine Rinnsale, die aus dem Boden sprudeln. Von
denen gibt es hier auf der Alb noch recht viele.
Sie liegen mitten im Wald und ich finde sie immer nur per Zufall.
Auf meinem Weg dorthin lasse ich mich begleiten … von den nächtlichen Geräuschen
und Gerüchen der Natur. Erlebe Begegnungen der scheuen Art, wenn ein Fuchs oder
auch ein Marder an mir vorbeihuscht.
Oder wenn ein Raubvogel auf seiner nächtlichen Pirsch dicht über meinem Kopf hinweggleitet – hui, das gibt einen Schreck!
Alles ist ein bisschen unheimlich, aber ich weiß mich gut beschützt und fühle mich so unendlich wohl damit.
Ein Streifzug durch die Natur in der Mondnacht, meine Gedanken, meine Gefühle und ich sind eins.

Schritt für Schritt gehe ich im leuchtenden Licht des Mondes vorwärts.
Ich sehe gut, denn wirklich dunkel ist es nicht. Meine ruhigen Atemzüge begleiten
mich und ich merke, wie ich mich immer leichter, freier und wieder freudiger fühle.
Hier auf der Alb geht das gut, man kann nachts wirklich allein durch die Natur laufen.
Die raue Alb empfinde ich als erdig, doch gleichzeitig so leicht und dem Himmel so
nah. Während diesen meditativen Wanderungen kann ich fremde und auch eigene Schatten zurücklassen.

Schritt für Schritt, mit dem Blick auf den vollen Mond, verliere ich alle Belastungen,
lasse das zurück, was meinen Kopf so dicht und mich so schwer macht.
Gebe Gedanken an fremde Schicksale ab, die mich manches Mal sehr traurig machen, wenn keine Veränderungen möglich sind.
Während dieser hellen Vollmondnächte kann ich all das loslassen, was mein Leben
schwer und langsam macht.

Der Schotter auf dem Wanderweg knirscht unter meinen bedächtigen Schritten.
Ich atme die kühle Nachtluft tief in meinen Körper ein und fühle mich beim Ausatmen
wie nach einer erfrischenden Dusche an einem heißen Sommertag. Die Sinne sind stark sensibilisiert, ich höre, fühle und rieche viel intensiver als bei Tag.
Meinen Gedanken kann ich während des Vollmondspaziergangs in Ruhe nachhängen,
sie gut beenden und sie dann in die Freiheit entlassen. Mühelos schweben sie davon
und lösen sich auf.
Mit jedem meiner Schritte gewinne ich meine innere Leichtigkeit zurück.
Gestärkt und mit klarem Kopf, durchgepustet vom Nachtwind, voller Kraft und Zuversicht für das Morgen, kehre ich zurück.
Der Vollmond hat mich gereinigt. Er schließt Vergangenes ab und lässt das »ICH BIN« neu entstehen. Für eine intensive neue Zeit, voller Zuversicht, Klarheit und innerem Frieden.
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